In den letzten Wochen hat die Berichterstattung rund um Apples iBeacon-Technologie immer weiter zugenommen. Vorgestellt wurde iBeacon eigentlich schon auf der WWDC 2013, und bei der Veröffentlichung von iOS 7 war iBeacon in dem Update enthalten. Der praktische Nutzen von iBeacon wird nur schrittweise deutlich, aber bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Technologie ein immenses Potenzial hat und sich in Zukunft zu einem Riesending entwickeln könnte.
iBeacon: Was ist das?
Anfangs wurde iBeacon oft als “Indoor GPS” bezeichnet. Diese Bezeichnung trifft zwar im Kern die Funktion von iBeacon, geht aber technisch komplett an der Wahrheit vorbei. Mit GPS hat iBeacon nichts am Hut, vielmehr handelt es sich um ein System aus Bluetooth-Transmittern, die mit dem iPhone kommunizieren. Die Technologie ist auch keinesfalls nur in geschlossenen Räumen nutzbar, sondern funktioniert auch im Freien.
Die Technologie hinter iBeacon ist Bluetooth Low Energy – auch als Bluetooth 4.0 bezeichnet. Grundlegend kommunizieren bei iBeacon zwei Geräte: Der Transmittier – also die “Beacon” und das Endgerät des Nutzers. Sein volles technisches Potenzial entfaltet iBeacon, wenn mehr als ein Transmittier genutzt wird. Dann kann das System folgende Dinge:
- Die Entfernung zwischen dem Endgerät und den Sendern ermitteln und so den genauen Standort des Endgerätes im Raum bestimmen.
- Eine bestimmte Aktion bei dem Endgerät auslösen.
- Nachrichten und Informationen an das Endgerät pushen.
- Informationen vom Endgerät an einen Sender übermitteln.
Jedes Endgerät kann gleichzeitig auch als Beacon fungieren. Außerdem kann man von Herstellern wie Estimote eigenständige Beacons erwerben. Die günstigsten Beacons werden in Zukunft bereits für Preise von unter 10 Dollar erhältlich sein. Neben iOS-Geräten können auch Geräte mit Android 4.3 in ein iBeacon-System eingebunden werden.
Wie iBeacon bereits eingesetzt wird
Apple hat vor kurzem alle 254 Apple Stores in den USA mit iBeacon ausgestattet. Über das System können spezifische Push-Nachrichten an das iPhone des Kunden gepusht werden, beispielsweise um ihm spezifische Angebote zukommen zu lassen wenn er sich den Verkaufsregalen mit iPads nähert oder um ihn an seinen Termin an der Genius Bar zu erinnern.
Diesem Beispiel folgen im Moment mehrere Retail Stores in den USA, darunter auch die Kaufhauskette Macy’s oder über 150 Lebensmittelläden.
Auch die amerikanische Baseballliga hat iBeacon für sich entdeckt und testet momentan den Einsatz der Technologie in den Major League Stadien.
Auch auf der CES 2014 war iBeacon vertreten, und zwar in Form einer iBeacon-Schnitzeljagd.
Das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft
Die Nutzung von iBeacon, um Kunden mit spezifischen Informationen zu versorgen, liegt auf der Hand. Aber damit ist das Ende der Einsatzmöglichkeiten der Technologie noch nicht erreicht. Eher im Gegenteil: Bisher kratzen wir nur an der Oberfläche.
Spiele, die Interaktion mit der “echten Welt” erfordern, liegen momentan im Trend. Der CEO von Tap Lab äußerte sich in diesem Zusammenhang kürzlich über die zahlreichen Möglichkeiten, die iBeacon in diesem Bereich bietet.
Auch wenn die Bezeichnung “Indoor GPS” iBeacon nicht gerecht wird, kann die Technologie doch zu genau diesem Zweck verwendet werden: Der Echtzeit-Navigation in geschlossenen Räumen. Interessant wäre das vor allem für weitläufige Gebäude wie beispielsweise Regierungsgebäude oder Museen – man denke nur an die gewaltigen Ausmaße des Pentagons oder des Louvres.
Ein weiterer möglicher Einsatzbereich ist das mobile Bezahlen. Sollte Apple ein derartiges System auf die Beine Stellen, dann wird es aller Voraussicht nach nicht auf NFC basieren, sondern auf iBeacon.
iBeacon ist ein würdiger NFC Konkurrent
Apple stand die letzten zwei Jahre unter Kritik, weil die Gerüchteküche vor den letzten zwei iPhones von der Integration von NFC ausgegangen ist, diese jedoch auf sich warten lies. Nun wissen wir, warum Apple auf die Implementierung der Near Field Communication verzichtet hat. Mit iBeacon hatte das Unternehmen ein eigenes System in der Hinterhand, das NFC zumindest auf dem Papier technisch überlegen ist. Der tatsächliche Erfolg hängt aber von der Adaption ab. Hier hat iBeacon jedoch einen guten Start hingelegt, und zumindest in den USA ist ein Ende des Momentums gerade nicht abzusehen. Es ist auch bereits ein erstes iBeacon-Retail-Kit für Europa angekündigt.
Auch wenn iBeacon die technische Oberhand gegenüber NFC haben mag, so kann man das Vorgehen Apples dennoch kritisieren. Zwar lassen sich Android-Systeme in iBeacon-Geflechte einbinden, aber eine Lösung für andere Systeme (z. B. Windows Phone) fehlt bisher. Im Sinne von einheitlichen Standards (die in diesem Bereich durchaus Sinn ergeben) wäre es wohl besser gewesen, wenn Apple auf den NFC-Zug aufgesprungen wäre. Dem gegenüber stehen allerdings die äußerst niedrigen Kosten, die mit der Einrichtung eines iBeacon-Systems verbunden sind.
iBeacon wird nicht das Schicksal von Passbook teilen
Genauso wie iBeacon ein iOS–7-Feature ist, wurde Apples Passbook damals als Feature von iOS 6 eingeführt. Nach nunmehr gut einem Jahr hat sich Passbook immer noch nicht durchgesetzt und fristet eher ein Dasein am Rand des Appleversums. Dies ist ein Schicksal, das iBeacon meiner Ansicht nach nicht teilen wird.
Das Problem mit Passbook war (und ist), dass es keine wirklichen Neuerungen mit sich brachte. Die Apps, die sich in Passbook integrieren lassen, gab es vorher mit denselben Funktionen auch schon. Passbook sammelt lediglich die vorhandenen Coupons und Eintrittskarten an einem Ort. Praktisch, aber nicht innovativ.
Anders jedoch iBeacon. Die Technologie bringt Möglichkeiten auf das iPhone, die es so in der Vergangenheit schlicht nicht gab. Die Einsatzmöglichkeiten von iBeacon sind vielfältig. Der Erfolg des Systems hängt nun vorerst davon ab, wie schnell und konsequent es adaptiert wird.