Letzte Woche hat Amazon das Smartphone Amazon Fire Phone vorgestellt. Preislich bewegt sich Amazons Smartphone im oberen Segment. Aber was hat Amazon mit seinem Smartphone vor? Auf dem Markt lässt sich nur schwer Geld verdienen (Samsungs Smartphone-Sparte macht es vor). Aber Amazon geht es gar nicht darum, mit dem Fire Phone groß Geld zu machen.
Amazon will nur eines: Verkaufen
Apple verdient einen nicht unbeträchtlichen Teil des eigenen Umsatzes mit dem App Store und dem iTunes Store. Aber der Großteil des weltweiten Umsatzes mit Konsumgütern geht immer noch in der “realen Welt” über den Ladentisch. Im ersten Quartal 2014 kamen lediglich sechs Prozent des Umsatzes aus dem Verkauf von Konsumgütern aus dem digitalen Segment – und das schließt den Verkauf von körperlichen Gütern über digitale Verkaufswege (einer der Haupteinnahmequellen Amazone) mit ein. Mit anderen Worten: 94 Prozent des Umsatzes kam von “realen” Gütern. Und diese Tatsache macht sich Amazon mit dem Fire Phone zu Nutze.
Das Fire Phone scannt in wenigen Schritten einen Barcode oder
Sogar einen Gegenstand und bietet dem Nutzer den Kauf über Amazon an. Ein cleverer Schritt, der Amazons Verkaufswege auch an die 94 Prozent heranträgt, die Umsätze in der echten Welt in Ladengeschäften generieren.
Das Fire Phone bietet Amazon eine große Chance
Mit dem Fire Phone kann Amazon also Märkte erreichen, die heute von dem Unternehmen nicht erreicht werden. Und das Potential, das in dieser Tatsache liegt, ist groß. Amazon hat eine aktive Kundenbasis von 244 Millionen Menschen und ist einer der seriösesten und zuverlässigsten Online-Händler. Es besteht die reelle Chance, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Amazon-Kunden auch zu einem Fire-Smartphone greifen werden. Und selbst wenn das Amazon Fire Phone nur eine Penetration von 10 Prozent erreicht, reden wir immerhin noch von 24 Millionen Menschen, die Amazon auf diesem Wege erreichen kann.
Die “echte” Welt ist nicht das Ende der Fahnenstange
Aber es geht Amazon nicht nur darum, Kunden aus den Ladengeschäften abzugreifen. 2014 wurde mit Werbung auf mobilen Geräten in den USA ein Umsatz von 17,73 Milliarden Dollar generiert. Von diesem Betrag gingen zwei Drittel alleine an Google und Facebook. Und der Werbeumsatz soll noch weiter steigen. 2017 sollen 35 Milliarden Dollar über Werbung auf Smartphones und Tablets umgesetzt werden. Diesen Markt hat Amazon schon mit den Kindle Fire Tablets betreten. Mit einem eigenen Smartphone und der Masse an Nutzerdaten, die in der Vergangenheit über die Amazon-Accounts der Nutzer gesammelt werden konnten, könnte Amazon zum dritten großen Werbeunternehmen in der mobilen Welt werden. Denn mit dem Amazon Fire Smartphone kann Amazon das fortsetzen, was mit dem Kindle Fire begonnen wurde und was Google und Facebook (und im kleineren Umfang auch Apple) bereits erfolreich vormachen: Gesammelte Daten über das Verhalten der Nutzer für zielgerichtete Werbung nutzen. Amazon hat gegenüber den vorgenannten Unternehmen außerdem einen großen Vorteil: Die Nutzer kaufen bei dem Unternehmen auch ein. Statt “nur” Daten über besuchte Webseiten zu sammeln, hat Amazon eine detaillerte Übersicht darüber, was die Kunden tatsächlich gekauft hatten. Dieses Wissen lässt sich in noch besser individualisierte Werbung transferieren.
Amazon lenkt den Fokus auf die Vorteile beim Einkaufen
In der Präsentation des Fire Smartphones legte Amazons CEO Jeff Bezos vor allem Wert darauf, darzustellen, wie das Smartphone den täglichen Einkauf für die Nutzer einfacher gestalten kann. Mit dem Feature Firefly kann der Nutzer quasi permanent seine Umgebung scannen und bekommt zu erkannten Objekten bei Bedarf entsprechende Amazon-Güter vorgeschlagen. Rebecca Lieb, die als Analystin bei der Altimeter Group arbeitet, bringt es in der New York Times auf den Punkt: “Scan a product or listen to music, and you’re delivered straight to the page on Amazon on which you can purchase it. Impulse shopping just went to a new level.”
Die Möglichkeiten sind endlos
Aber die Implementierungsmöglichkeiten von Firefly hören nicht bei Amazons Online-Store auf. Denkbar wäre beispielsweise, dass sich das Fire Phone bereits gescannte Objekte merkt und diese mit dem Kaufverhalten des Users kombiniert, um diesen dann per Pushbenachrichtigung informiert, wenn er sich in der Nähe eines Ladengeschäftes befindet, in dem er das Objekt seiner Begierde kaufen kann. Auch wenn keiner vorhersagen kann, wie genau Amazon die Möglichkeiten des Fire Phones in Kombination mit Firefly einsetzen wird, steht jetzt bereits eines fest: Das Potential im Bereich mobiles Marketing ist enorm und einzigartig.
Das Fire Phone hat wenig mit dem Smartphone-Markt zu tun…
Wer das Fire Phone also auf den Versuch Amazons reduziert, auf einem Markt Fuß zu fassen, der im Moment fast nur Verlierer kennt, der irrt. Tatsächlich hat das Smartphone von Amazon nur sehr bedingt etwas mit dem Smartphone-Markt zu tun. Vielmehr soll es Amazons Online-Geschäft noch mehr ankurbeln und dem Unternehmen mittelfristig einen Anteil an den Gewaltigen Beträgen sichern, die auf dem Markt in der “echten Welt” ausgegeben werden.
…muss sich aber auf diesem durchsetzen
Dennoch darf man eines nicht vergessen: Das Amazon Fire Phone ist und bleibt ein Smartphone. Und als solches muss es sich auf dem Smartphone-Markt gegen die Konkurrenz von Apple, Samsung und Co durchsetzen. Und an diesem Punkt wird sich entscheiden, wie gewinnbringend das Fire Phone für Amazon sein wird. Denn der Kunde kauft das Fire Phone als Smartphone, nicht als Einkaufshilfe. Der monetäre Ertrag, den Amazon mit dem Fire Phone erzielen kann, hängt also maßgeblich von dessen Qualitäten als Smartphone ab. Wie es um diese bestellt ist und ob es Amazon gelingen wird, die Kunden zu überzeugen, werden die nächsten Monate zeigen.
Guter Artikel! Jetzt ist auch klar, warum sich amazon für das 3D-System entschieden hat – um eine Art Alleinstellungsmerkmal zu haben, das dir Kunden dazu bewegt, ausgerechnet *dieses* Android-Smartphone zu kaufen. Mal abgesehen von eingefleischten amazon/Kindle-Fans.