Ein Kommentar von Patrick Bergmann (Contributing Editor, WakeUp Media)
Die Keynote ist nun einige Tage her, es gab noch diverse Meldungen drumherum, welche so nicht direkt von Apple kommuniziert worden sind, und ich konnte somit meine Gedanken dazu etwas ordnen. Und ich konnte mir die Frage stellen, was ich von der Keynote halten soll. Deshalb sind die nachfolgenden Zeilen auch eher eine persönliche Einschätzung.
Um es einmal vorweg zu nehmen, bin ich etwas enttäuscht von der Veranstaltung. Es kann natürlich daran liegen, dass ich mit überzogenen Erwartungshaltungen in den Live-Stream gegangen bin, obwohl ich es hätte besser wissen müssen. Was war nicht alles im Vorfeld gemunkelt worden? Ein völlig neuer, revolutionärer Streaming-Dienst? Eine neue Ära bezüglich der Kreditkartenabrechnung? Und dann war ja noch das ominöse Zeitschriften-Abo. Bevor nun wieder einige meckern, Apple hat diese Dinge geliefert, doch leider völlig anders als wir uns das gemeinhin vorgestellt haben. Fangen wir dazu mit Apple News+ an.
Apple News+
Ein Paradebeispiel hierfür ist Apple News. Dieser Dienst existiert zwar schon seit drei Jahren indem USA doch bei uns Kontinentaleuropäern ist er immer noch nicht verfügbar. Mit Apple News+ wird es wohl genauso sein, denn dieser Dienst ist zunächst einmal auf die USA und Kanada beschränkt. Später soll noch Großbritannien dazu kommen doch genauer wollte man sich nicht äußern. Und auch inhaltlich wirft Apple News+ einige Fragen auf. Was ist der große Vorteil von diesem Dienst? Ein Cover, dessen Motiv sich bewegen kann? Die Möglichkeit, die Artikel auf dem Cover direkt mit einem Scrollen nach unten als Erstes aufzurufen? Oder etwa die dynamische Schriftanpassung an die jeweilige Bildschirmgröße?
Bitte versteht mich nicht falsch, gerade ich liebe solche Kleinigkeiten wie das bewegliche Cover, doch mir erschließt sich immer noch nicht so ganz der Mehrwert dieses Dienstes. Natürlich ist es klasse, dass Apple innerhalb von Apple News+ jegliche Werbung sowie Tracking unterbindet und ich deshalb ein Stück Privatsphäre hinzugewinne. Auch die Familienfreigabe ohne Mehrkosten klingt erstmal richtig klasse. Doch zu welchem Preis? Was nützt mir der Dienst für 9,99$ und das Teilen mit meiner Familie, wenn mittelfristig die Zeitung/der Verlag kein Geld verdienen kann? Denn auf der anderen Seite möchte ich natürlich auch weiterhin die gewohnte Qualität konsumieren und das wird schwer mit den (geringen) Einnahmen.
Nicht zuletzt deshalb hat das Wall Street Journal gestern verkündet, dass man nicht alle Inhalte der betreffenden Ausgabe in Apple News+ zur Verfügung gestellt bekomme und es sich im Prinzip um eine Light-Version des WSJ handle. Auch wenn keine weiteren Infos dazu durchdrangen kann ich mir gut vorstellen, dass andere namhafte Magazine wie das Rolling Stone Magazine, das Wird Magazine oder das Time Magazine diesem Beispiel irgendwann folgen werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass mir hier in Deutschland mit readly einen bereits etablierten und sehr ähnlichen Dienst am Markt haben. Auch hier kann ich für 9,99€ aus über 250 Zeitschriften und Magazinen auswählen und diese dann bequem auf dem iPad konsumieren. Vor etwas mehr als einer Woche kamen dann zusätzlich diverse Tageszeitungen wie die Bild, die Welt usw. dazu. Da stelle ich mir die Frage, wozu Cupertino dann überhaupt solch einen Dienst anbietet bzw. sich solange Zeit dafür gelassen hat?
Richtig ärgerlich ist allerdings die Beschränkung auf die USA sowie Kanada, wovon wir hier als Europäer einfach leider gar nichts haben, was übrigens auch nicht zum ersten Mal passiert.
Das Beste an der Keynote – USA exklusiv
Direkt daran knüpft die neue Apple Card an, eine Kreditkarte die erstmalig von Apple an seine Kunden ausgeliefert wird. Die Vorstellung war richtig klasse und seit Langem sorgte dies für ein absolutes „Haben will“-Gefühl bei mir. Die Details hörten sich nämlich einfach zu gut an. Die Karte ist aus Titanium gefertigt, es gibt für jeden Einkauf das sogenannte Daily Cash (so nennt Apple sein eigenes Bonusprogramm auf der Karte), die Karte ist nicht nur direkt mit der Wallet-App verknüpft, sondern wird dort auch beantragt und auch hier unterbindet Apple jegliche Werbung sowie das Tracking.
Ehrlich, mir hat es schon richtig in den Fingern gejuckt und dann heißt es, nur in den USA verfügbar. Das hat mich ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und mir gezeigt, dass wir die Dienste von Apple betreffend mittlerweile quasi zweite Welt sind. Hier kann ich die Entscheidung allerdings objektiv betrachtet etwas eher verstehen. Denn die Amerikaner haben einen ganz anderen Bezug zur Kreditkarte.
In den Staaten werden die anfallenden Summen der Kreditkarte i.d.R monatlich beglichen bzw. zurückgezahlt. Dafür nehmen die Kreditinstitute einen Einsatz von bis zu 40%, was hierzulande schon als Wucher gilt. Nebenbei bemerkt hat Apple tatsächlich günstige Konditionen ausgehandelt, denn der Zinssatz bei einer monatlichen Abzahlung, deren Höhe in der Wallet-App individuell eingestellt werden kann, beträgt vergleichsweise moderate 24% – ein Kollege hat sich das hier bei Apfelpage etwas genauer angeschaut. Bei uns werden die anfallenden Kosten der Kreditkarte immer in eins abgebucht; entweder monatlich oder quartalsweise wobei in Deutschland eher die sogenannten Debit-Kreditkarten zum Einsatz kommen. Hier wird immer sofort abgebucht und diese können zudem nicht ins Minus laufen.
Trotzdem wäre die Apple Card für mich auf jeden Fall interessant und zwar aus einem einzigen Grund. Nämlich der Unterbindung des Trackings sowie der nicht vorhandenen Werbung – und glaubt mir ich arbeite im Einzelhandel. Ich weiß also, was das für ein riesiger Durchbruch ist. Denn schon lange geht es nicht mehr darum, dass ihr Ware vom Händler kauft. Es geht lediglich um eure Daten denn die sind das neue Gold des 21. Jahrhunderts…
Apple Arcade – die Games-Flatrate
Seit je her hat Apple das sogenannte mobile Gaming immer wieder regelmäßig in den Fokus gerückt. Keine iPhone-Keynote seit 2010 verging ohne irgendeinen Spieleentwickler welcher auf der Bühne die Leistung des A-Chips sowie der Grafikeinheit untermauerte.
Doch der richtige Durchbruch wollte nie so recht gelingen was unter anderem auch daran lag, dass neben den qualitativ hochwertigen Spielen der App Store auch sehr schnell mit unzähligen von Crash-Games geflutet wurde und dadurch schlicht und ergreifend auch die Übersicht verloren ging. Dabei hat der App Store schon lange Perlen wie Altos Odyssey, Dead Trigger, Badland oder Infinite Blade im Programm. Nun wagt Apple mit Apple Arcade einen neuen Anlauf und platziert das Angebot als eine Art Netflix für Games und macht dabei so vieles besser als Google mit Stadia, wobei eine entscheidende Einzelheit leider fehlt.
Wo Google nur einen Hype entfacht und Möglichkeiten konstruiert, liefert man in Cupertino Handfestes: Man konzentriert sich auf die Spiele und konnte deshalb schon eine beeindruckende Liste präsentieren die sich zum Marktstart auf insgesamt über 100 Games belaufen soll. Dabei sind durchaus richtig interessante Titel dabei, die ich wie folgt einmal aufliste:
- Fantasian
- The Pathless
- Team Sonic Racing
- Where Cards Fall
- Beyond A Steel Sky
- Overland
- Projection: First Light
- Hot Lava
- Oceanhorn 2: Knights Of The Lost Realm
- Sayonara Wild Hearts
- Lifelike
- LEGO Arthouse / LEGO Brawls
- The Artful Escape
- No Way Home
- Repair
- Hitchhiker
- Cardpocalypse
- The Brandwell Conspiracy
- Yaga
- Down In Bermuda
- Winding Worlds
- UFO On Tape: First Contact
- Frogger In Toy Town
- Doomsday Vault
- Kings Of The Castle
- Sneaky Sasquatch
- Mr. Turtle
- Spidersaurs
- Atone: Heart Of The Elder Tree
- Enter The Construct
- Monomals
Natürlich sind nicht alle Spiele exklusiv für iOS, jedoch bekommt der Kunde hier schon einmal einen Überblick, was ihn erwartet. Zusätzlich verspricht Apple, dass für die Apps durch die monatliche Grundgebühr keine In-App Käufe notwendig seien. Außerdem soll es auch hier keine Werbung und kein Tracking geben. Die Spiele lassen sich dazu sowohl on- als auch offline spielen und man soll nahtlos zwischen den einzelnen Devices wechseln können.
Auch wenn die Idee schont im Prinzip seit 2010 aktuell ist, räume ich Apple Arcade sehr gute Chancen ein. Cupertino hat auf der einen Seite eine sehr mächtige Plattform mit über 1,4 Mrd. aktiv benutzten Geräten, wovon über 900 Mio. iOS-Devices sind, was vom Start weg für eine entsprechend große Plattform sorgt. Auf der anderen Seite ist das Angebot aufgrund der bisher genannten Spiele sowie den verbundenen Publishers mehr als wettbewerbsfähig.
Lediglich der nicht genannte Preis störte mich gewaltig. Persönlich dürfte der aber nicht höher als 9,99€, was Microsoft auf der Xbox für seinen Gaming Pass verlangt, liegen. Eher sogar ein bisschen darunter da es sich vorrangig um Mobile Gaming handelt und hier die Kundschaft doch etwas preissensibler sein dürfte.
Im Zuge dessen frage ich mich auch, wo der neue iPod Touch 7. Generation bleibt, welcher ebenfalls seit einigen Zeiten immer wieder in den Tiefen der diversen iOS Betas herumgeistert. Meiner Meinung nach wäre gerade diese Keynote für die Vorstellung des neuen iPod prädestiniert gewesen. Apple hätte hier wunderbar den neuen Spieledienst mit der neuen Hardware verknüpfen können und eine tolle Verankerung im Gedächtnis geschaffen.
Da gibt es auch keine Sorge, dass die neue Hardware den Diensten die Show stiehlt, denn man hätte den iPod wunderbar als Ergänzung+Erweiterung platzieren können. Dies hätte auch über den Preis geschehen können, wo man vielleicht dem Kunden für 3 Monate bei der Vorbestellung eines neuen iPod touch einen kostenfreien Zugang zu Apple Arcade gewährt?!
Preis ist auch hier ein gutes Stichwort, denn auch hierzu gab es von Apple keinerlei Aussagen über die Preisgestaltung.
Apple TV+ und die Apple TV channels
Schon lange arbeitete Apple hinter den Kulissen mit namhaften Hollywood-Größen an eigenen Inhalten um diese exklusiv für sich zu vermarkten doch immer wieder verzögerte sich dieses Projekt – wobei richtig fertig gestellt scheint es immer noch nicht zu sein.
Inhaltlich möchte man sich nicht als weiteren Streaming-Dienst verstanden wissen sondern als ein Ort wo Geschichten-Erzähler sich kreativ austoben können ohne sich an zu enge Rahmenbedingungen halten zu müssen – die allerdings sehr wohl im Hintergrund vorhanden sind. Man strebe nichts weiter an, als die beste und hochwertigste Plattform diesbezüglich werden zu wollen.
Leider konnte Apple noch keine ganz korrekten Hinweise dazu liefern, bot aber immerhin diverse Stars auf der Bühne auf, die eine kleine „sneak-preview“ ihrer Produktionen gaben. Unter anderem wird Steven Spielberg ein Remake der TV-Serie „Unglaubliche Geschichten“ exklusiv für den neuen Dienst produzieren. Außerdem waren Jennifer Aniston, Reese Withersppon und Steve Carell mit der neuen TV-Show „The Mourning Show“, J.J. Abrams mit Sara Bareilles und deren Serie „Little Voices“und Kumail Nanjiani mit seiner Einwanderer-Serie „Little America“ ebenfalls auf der Bühne und zeigten jeweils kurze Ausschnitte aus ihren Produktionen.
Zusätzlich gab Apple eine kleine Vorschau auf die weiteren Künstler, welche im Laufe des Jahres Content für den neuen Dienst produzieren wollen; darunter illustre Namen wie Ron Howard, Damian Charzelle, Seth Gordon und viele weitere.
Last but not least gibt es die neuen Apple TV Channels in der sogenannten TV-App, welche allerdings nicht sonderlich spektakulär oder neu sind. Zwar überarbeitet Apple die komplette Ansicht sowie die Navigation wo man eine neue Navigationsleiste mit zwei neuen Reitern (Sport & Kids) vorfindet, doch die Idee dahinter ist schon von Amazon und seiner Prime Video-Oberfläche bekannt. In den einzelnen Channels will Apple dem Nutzer zum einen seine abonnierten Sendung und die dazu passenden Sendungen nach Thematik aufbereiten um eine bessere Übersicht zu gewährleisten. Und zum anderen soll das auch für die Sendungen abonnierter Dienste wie Hulu, HBO und Co gelten. Doch auch die Einbindung diverser Abos in der TV-App ist an sich nicht neu, derlei wollte Apple eigentlich schon mit tvOS 11 anbieten.
Zum Preis: Ihr wisst es ja schon, es gibt auch hier keine genaue Angabe. Ich vermute, dass Apple hinter den Kulissen an einem Super-Abo arbeitet, das als All-in-One-Angebot auftritt und diesbezüglich noch einige harte Verhandlungsrunden mit den teilnehmenden Partnern anstehen. Mit Sicherheit möchte Apple weiterhin seine üblichen 30% Provision einstreichen, was eben den Gewinn der Partner von einem gemunkelten Preis von 30,00 – 40,00 $ nicht gerade üppig ausfallen lässt. Mehr ist aber aus meiner Sicht als monatliche Abo-Gebühr nicht drin, da es sonst zu teuer für den Kunden wird und er somit keinen Vorteil erkennt.
Wirklich gut gefallen hat mir aber die geänderte Übersicht im Bereich des iTunes-Store in der Filme Sektion. Wenn ihr einen Trailer anschauen wollt, wird nun nicht mehr in ein „separates“ Fenster hinein- und wieder heraus gezoomt. Dadurch könnt ihr den Trailer anschauen und zugleich die wichtigen Infos wie Darsteller, Regisseur usw. direkt einsehen.
Den eigentlichen Kracher daran hob man sich allerdings für den Schluss auf. Und der könnte die Fragen nach der Zukunft der Apple TV 4K vielleicht geklärt haben. Die dafür notwendige TV-App wird Apple auf die Smart-TV der TV-Hersteller Samsung, Sony und Vizio portieren, um möglichst jedem Kunden einen Zugang zu den neuen Diensten zu verschaffen. Außerdem, und das ist das eigentliche Bemerkenswerte daran, wird Cupertino die TV-App auch auf den Fire TV Stick von Amazon und den in den USA so beliebten Roku-Player bringen. Man verabschiedet sich als von dem Mantra, dass eigene Dienste nur auf der eigenen Hardware laufen dürfen und die Apple TV steht mehr den je vor einer ungewissen Zukunft. Zwar hat sie das deutlich bessere User-Interface und bietet als einzige Streaming-Box alle aktuellen Standards in Sachen Farbsättigung und Bildauflösung sowie Sound durch HDR, Dolby Vision und Dolby Atmos. Doch sie ist mit 199,00€ auch am oberen Ende der Preisskala angesiedelt!
Hier wird es auf jeden Fall in den nächsten Monaten sehr spannend bleiben und ich hoffe stark, das man in Cupertino das kleine schwarze Kästchen weiterhin pflegt und an einem Nachfolger arbeitet. Missen möchte ich meine Apple TV 4K nämlich auf gar keinen Fall mehr.
Das war es von mir. Was hat Euch denn an der Keynote gut gefallen und was weniger? Schreibt es uns in die Kommentare!
Interessant, dass das Wallstreet Journal nun eher auf eine Light Version setzen will. Das ist ja eigentlich nicht der Sinn des Flatrate-Modells. Zumindest nicht bisher. Bin gespannt, wie sich apples Kooperation mit den Verlagen entwickeln wird. Readly hat übrigens nicht 250 Titel im Angebot, sondern laut Webseite und Katalog rund 3.800.
dieser artikel offenbart so vieles. das unvermögen des autors eine wirkliche kritik zu schreiben. einerseits kritisiert er sehr kritisch, andererseits lässt er durchblicken, wie extrem das fanboytum bei apple-fanboys sich mittlerweile entwickelt hat.
kann mir bitte irgendjemand erklären, welches spiel genau aus dieser liste irgendwie… bekannt wäre? bzw. ein gutes spiel sei? ich bewege mich viel in der gaming kultur, aber ich kenne kein einziges spiel auf der liste, außer oceanhorn.
gleichzeitig googles neues spiele streaming konzept schlecht zu reden und dann dieses lächerliche konzept von apple lobzupreisen zeugt von einer abgrundtiefen irrationalität und wirklich absolut gehaltlosem google gebashe.
wenn googles streaming dienst so funktioniert wie sie behaupten dann wird das besser sein als.. naja diese lächerliche liste an bedeutungslosen spielen.
auch die immer wiederkehrende behauptung, dass apple seine dienste irgendwie privatsphäre-freundlich gestaltet und dich deine „privatsphäre zurückgewinnen“ lässt ist eine so bodenlose naivität das ich mir ernsthafte gedanken über die psychische gesundheit des autors mache.
also, apple fanboy: du bist schon auf dem richtigen weg. nur das du etwas grundlegendes verstehen musst: apple ist scheiße. von grundauf. bitte rafft es und gebt dieser firma keine aufmerksamkeit und kein geld mehr.